Film ist eine sehr junge Kunst, die nicht nur viele andere Künste in sich vereint sondern auch einige neue Formen hervorgebracht hat — zum Beispiel die Kinematographie, das Drehbuchschreiben oder den Filmschnitt. Seit der Entstehung Ende des 19. Jahrhunderts hat sich die Filmkunst enorm gewandelt und wird dadurch oft missverstanden. In mehreren Beiträgen möchte ich mich dieser populären Kunstform widmen, die mir besonders am Herzen liegt. Um ihren Wesenskern und ihre besondere Ästhetik herauszuarbeiten, müssen wir uns zunächst einmal ihr Verhältnis zum Fernsehen anschauen…
Inhalt
Das Medium: Film vs. Fernsehen
Während sich der Kinofilm aus dem Stummfilm entwickelte, entstand das Fernsehspiel aus dem Hörspiel und dem Theaterstück. Zu den großen, bekannten Stummfilmen zählen NOSFERATU — Eine SYMPHONIE DES GRAUENS (1922), SUNRISE: A SONG OF TWO HUMANS (1927) oder PANZERKREUZER POTEMKIN (1925). Obwohl das Fernsehspiel heutzutage gerne als „Fernsehfilm“ oder „TV-Film“ bezeichnet wird, lebt es nach wie vor wesentlich von seinen Dialogen. Ein paar großartige Fernsehspiele sind THE WAVE (1981), THE MAN FROM EARTH (2007) oder DAS MILLIONENSPIEL (1970).
Natürlich nähern sich Kino und Fernsehen in ihren audiovisuellen Möglichkeiten immer weiter an. Vor allem TV-Serien werden cinematischer — in ihrer Visualität genauso wie in ihrer erzählerischen Qualität. Namen wie Das kleine Fernsehspiel vom ZDF [zum ZDF] erinnern allerdings weiterhin an die Ursprünge.
Zwischen Film und Fernsehen gibt es manchmal Hybridproduktionen, so genannte Amphibienfilme: Im Kino landen die Kinofilme und im Fernsehen die entsprechenden Mehrteiler oder Miniserien, die sich viel mehr Zeit nehmen können und zusätzliche Szenen bieten. Zum Beispiel so geschehen bei SUPERMAN: DER FILM (1978), DAS BOOT (1981) oder DER BAADER MEINHOF KOMPLEX (2008).
Wichtig zu betonen ist, dass die Stärke des Fernsehens nicht so sehr im einzelnen Ereignis liegt, sondern in der Wiederholung. Die Schwelle, den Fernseher einzuschalten, ist viel niedriger als die Schwelle, ins Kino zu gehen. Deshalb werden Filme immer als Event dargestellt, während das Fernsehen viel stärker von Serien und Reihen bestimmt wird, die den Zuschauer konstant bei der Stange halten. Aber auch das hat sich in den letzten Jahren international verändert, mit Filmreihen wie THE FAST AND THE FURIOUS (2001), MISSION: IMPOSSIBLE (1996) und dem MARVEL CINEMATIC UNIVERSE (2008)…
Filme haben ein Ende
„Es ist schwer Schlüsse zu schreiben. Beethoven und Wagner konnten es. Es können nur die Großen. Ich kann’s auch.“
— Richard Strauss, 31. Oktober 1921
Okay, das Zitat über die Schlüsse ist zwar von einem Komponisten, aber ich finde es trotzdem ziemlich passend… Gerade in der heutigen Zeit, mit dem großen Fokus auf schier endlose Serien, wird leider gerne vergessen, dass eine gute Geschichte auch mal zum Abschluss gebracht werden muss. Vielleicht wird es generell Zeit für ein Revival des Kinos und der abgeschlossenen Geschichten? Da Deutschland heutzutage eher ein Fernsehland als eine Kinonation ist, gibt es bei uns nach einer sehr bewegten und spannenden Filmgeschichte leider kaum noch eine Filmkultur. Warum das so ist, habe ich in meinem Beitrag zur deutschen Filmpolitik ausführlicher behandelt.
Die Laufzeit: Spielfilm vs. Kurzfilm
Der größte Unterschied zwischen Spielfilm und Kurzfilm liegt darin, dass man in einem Kurzfilm maximal Zeit hat, eine einfache Wendung zu erzählen. In einem Spielfilm kann man dagegen in die Tiefe gehen. Wer gerne einen Spielfilm drehen würde, aber nicht das Budget dafür zusammen bekommt, endet meistens bei einem mittellangen Film. Davon würde ich allerdings abraten, da es mittellange Filme auf Filmfestivals generell schwerer haben. Festivals möchten vielen Filmemachern eine Chance bieten und entscheiden sich daher oftmals eher für mehrere Kurzfilme in einem gemeinsamen Block als für einen mittellangen Film mit eventuellem Vorfilm. Mal abgesehen davon, dass das auch dem Publikum mehr Abwechslung bietet.
Wenn ihr euch für Kurzfilme interessiert, solltet ihr euch diese hier nicht entgehen lassen. Sie bringen ihre Story in kurzer Zeit auf den Punkt und ihr werdet sie auch online finden:
- DER SCHWARZFAHRER (1993)
- MULTI-FACIAL (1995)
- SELFIE FROM HELL (2015)
Filmanalyse, Filmkritik und Filmemachen
Die Filmanalyse ist von zentraler Bedeutung, um das Medium Film besser zu verstehen und seine Ästhetik zu erfassen. Es geht darum, über die Oberfläche des Films hinauszublicken und die verschiedenen Elemente zu entschlüsseln, die zur Erzählung, zur Charakterentwicklung und zur visuellen Gestaltung beitragen. Eine gründliche Filmanalyse erfordert Aufmerksamkeit für Details wie Kameraeinstellungen, Schnitttechniken, Ton, Lichtsetzung und Filmmusik — alles Dinge, die man auch beim Studium des Filmemachens lernt. Durch das Auseinandersetzen mit diesen Elementen, können wir die beabsichtigte Wirkung auf den Zuschauer besser verstehen und die tieferen Bedeutungsebenen eines Films erfassen. Filmanalysen ermöglichen darüber hinaus, den historischen und kulturellen Kontext eines Films zu berücksichtigen und seine Referenzen und Einflüsse zu erkennen.
Wenn wir Filme kritisieren, dann ist es essentiell, mehr über die Entstehung von Filmen zu wissen. Zum Beispiel über die Rolle des Regisseurs oder der Filmvorlage. Damit wir zum Beispiel keine Rückschlüsse von einem Film auf sein Drehbuch ziehen, was an sich einfach nicht möglich ist. In meiner kurzen Zeit als Filmkritiker für Filmstarts.de habe ich viel gelernt [zu Filmstarts]. Für mich ist seitdem Filmanalyse, Filmkritik und Filmemachen untrennbar miteinander verbunden.
Filmkultur: Filmfestivals und Filmpreise
Was Filmfestivals vor allem ehrenamtlich für den Erhalt der Filmkultur leisten, geht filmpolitsch leider oft unter. Dabei sind Festivals für Filmschaffende die wichtigste Möglichkeit, Gleichgesinnte zu treffen, in den Austausch zu gehen und gemeinsam das Kino zu feiern. Selbst wenn man gerade keinen Film im Programm hat, gibt es viele Veranstaltungen, die man besuchen kann, um einfach mitzubekommen, was die Branche bewegt. Das gilt für A-Festivals wie das Festival de Cannes genauso wie für kleinere Independent-Festivals wie die Independent Days in Karlsruhe — dort habe ich 2023 mit meinem eigenen Filmpreis einen Beitrag geleistet, um das filmische Handwerk nach vorne zu bringen. Als Festivalmacher finde ich es darüber hinaus spannend zu sehen, dass bestimmte Themen einfach in der Luft liegen und wie sie von unterschiedlichen Filmemachern bearbeitet werden.
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